Der Kollege Qin

Heute möchte auf meinen Kollegen Qin zu sprechen kommen. Durch Ihn lernte ich ein neues Konzept der LehrerInnen und SchülerInnen-Beziehung kennen. Wussten Sie, dass ein Schulkind in China im Durchschnitt einen vierzehn-Stunden-Schultag hat? Da bleibt nicht mehr viel Raum für Hobbies und Freizeit.

Hinzu kommt, dass der Klassenlehrer der Oberstufenklassen, diese auch von der 9. bis zur 12. Klasse begleitet. Resultierend aus dem langen Schultag und dem Klassenlehrer als einzige konstante erwachsene Bezugsperson erhält eben dieser Klassenlehrer beinahe den Status eines Elternteils . In extremen Fällen ist es sogar so, dass die Schüler unter der Woche ein Zimmer auf dem Schulcampus haben und ihre Familien erst an den Wochenenden sehen. Der Lehrer wird also zu einer zentralen Figur in der Welt des Kindes. Eine Bindung, die ich als besonders stark bei Herrn Qin und seiner Klasse empfunden habe.

Die schöne Ebene an dieser engeren Beziehung – so habe ich es zumindest erlebt und empfunden – ist, dass die SchülerInnen ihre Lehrer noch nach vielen Jahren immer wieder besuchen kommen. So kam es auch, dass Herr Qin mich nachmittags einmal zu sich einlud und mich mit ein paar seiner ehemaligen Schüler und Schülerinnen bekannt machte. Die Kontakte, die ich hier knüpfte, halfen mir wiederum, mich als Neuling in Wuhan zurechtzufinden.

Ich erinnere mich hier besonders an Donna und David – das waren natürlich nicht die richtigen Namen der ehemaligen Schüler meines Kollegen Qin, sondern nur die westlichen Namen, die sie während Ihres Sprachunterrichts erhalten hatten -, die mich besonders zu Anfang unter ihre Fittiche nahmen und mir Einkaufsmöglichkeiten, Parks und die wunderbare Wansongyuanlu vorstellten. Letzteres ist eine Straße, die sich als eine Art Snackgasse entpuppte, die man in China an vielen Orten findet und wo sich eine gute Schnellverköstigungs-Küche nach der anderen reiht.

Mein Blog

Zu meinem Autorenkürzel: Die Bezeichnung (ài)mòlìhuā kommt aus dem Chinesischen und bedeutet ins Deutsche übersetzt Jasmin-Blüte. Meine Eltern – insbesondere mein Vater – hatten schon immer eine äußerst romantische Ader und so wurde zu Ehren meines Vornamens Jasmin im heimatlichen Garten ein Jasmin-Strauch gepflanzt.

Während meines Grundstudiums Chinastudien/ Oastasienwissenschaften erhielt ich von meiner chinesischen Sprachdozentin schließlich für Vor- und Nachname – der Nachname steht im Chinesischen immer vor dem Vornamen – den Namen Ài Mòlì. Die erste Silbe ài hat keine nennenswerte Bedeutung sondern ist nur des Lautes wegen an meinen deutschen Nachnamen angelehnt. mòlì ist wiederum die direkte Übersetzung für die Jasmin-Blüte. Die letzte Silbe meines Autorenkürzels huā steht für Blume/ Blüte.

Warum ich diesen Blog schreibe: Mir hat zu Beginn der Pandemie die hohe Abwehrhaltung gegenüber den in Deutschland lebenden asiatisch aussehenden Menschen Bauchschmerzen bereitet und auch die hohe Anzahl an Negativnachrichten über Wuhan. Die Stadt Wuhan ist für meine berufliche Laufbahn aber auch für meine persönliche Entfaltung ein wichtiger Meilenstein gewesen, weswegen es mir ein so großes Bedürfnis ist, meine eigenen Eindrücke und Erlebnisse über die Stadt und die Menschen hier mit Chinabegeisterten sowie künftigen China-Reisenden zu teilen.

die Reise nach China bot mir damals die Möglichkeit, aus dem Gewohnten herauszutreten und einen Teil der großen Welt zu entdecken. 2014 – 2015 schrieb ich mich für ein Fremdsprachenassistenz-Programm ein. In der Funktion einer Lehrassistentin und somit als Vermittlerin deutscher Sprache und Kultur tauchte ich ein in eine Gemeinschaft chinesischer Lehrer*innen und Schüler*innen. Die liebgewonnenen und wertvollen Eindrücke und Erinnerungen möchte ich hier nun sammeln.